Donnerstag, 30. Dezember 2010

Ois derf ma sei

Ausverkauf bei einer internationale Bekleidungskette und eine entsprechende Schlange an kaufwilligen Frauen vor der Umkleide. Neben der Umkleide steht ein Kinderwagen, darin ein schlafendes Kind. "Kinder kann man immer wieder bekommen" stellen Frau Giese und ich fest "diesen Kaschmirpullover zu 50 Prozent gibt es nur einmal im Jahr". Wir scherzen weiter, kommen dem Eingang der Umkleide näher.
"Der kleine Mann da draußen ist meiner" sagt eine Frau, bevor sie erneut in ihrer Spiegelhölle-aber-das-ist-doch-niemals-Größe-40 verschwindet - "würden Sie mir Bescheid sagen, falls er aufwacht?"
"Dör schlääft" beruhigt sie die toupierte Pelzträgerin hinter mir. "Falls wir wollen, dass eine Kabine frei wird, sollten wir ihn vielleicht wecken" schlage ich vor, dem nahenden Orkan der Empörung im kinderfreundlichen Deutschland mutig ins Auge blickend.
"Harrharr" wiehert die um einige Jahrzehnte mehr Sale-Erfahrung habende Dame "dös is a gute Idee. Ois derf ma sei, bloß blöd ned" führt sie an und wir lachen. Solidarität kann so einfach sein.

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Von Zufällen


Drei unterschiedliche Auffassungen über das Leben konfligieren in meinem Umfeld: die einen sagen, es gibt ohnehin nur Zufälle, daher ist es egal, was Du tust, die zweiten sagen, es gibt keine Zufälle, alles ist Schicksal, und die dritten sagen, Du hast alle Entscheidungen in der Hand. Ich habe heute morgen versucht, mein letztes Jahr anhand von Entscheidungen, Zufällen und Schicksal zu sortieren.

Der wichtigste Moment im letzten Jahr war von einer Entscheidung geprägt. Als ich im klapprigen Lieferwagen über den Berliner Ring gefahren bin und ganz laut 'Tschüs Neukölln' gerufen habe (an dieser Stelle das Geständnis - ja, ich habe eine kleine Muriels-Hochzeit-Szene nachgespielt und auch 'Tschüs Ihr Surfer' gerufen, aber hey, im Auto ist alles erlaubt).

Andererseits hatte ich lange das Gefühl, der Job, für den ich umgezogen bin, sei mir zugefallen, ich hätte ihn also vielleicht sogar nicht verdient? Ist der Zufall also wirklich mein Freund?

Die Entscheidung, nach München zu gehen, habe ich in den letzen Monaten mitunter verflucht, ich habe geweint und hatte schreckliches Heimweh.

Es ist sicher Teil meine Schicksals, dass ich mit meinen Eltern so oft umgezogen bin, dass ich zunächst relativ gelassen auf die Aussicht sehe, umzuziehen, die Konsequenzen andererseits vielleicht unterschätze. Und war es Schicksal, dass ich einigen Menschen begegnet bin, die genauso wenig 'MünchnerIn' sind, wie ich? Und können wir aus dieser Schicksalsgemeinschaft München ein bisschen mehr erobern, etwas mehr unser München schaffen?

Ich entscheide mich jedenfalls dafür, es ein weiteres Jahr zu versuchen, mit den Zufällen in dieser südlichen Ödnis zurechtzukommen und vielleicht spielt mir das ein oder andere Schicksal in die Hände.

Dienstag, 28. Dezember 2010

reverb 10 - ordinary joy

December 27 – Our most profound joy is often experienced during ordinary moments. What was one of your most joyful ordinary moments this year?
Mein schönster Moment dieses Jahr war, als ich am ersten Tag von meinem neuen Job nach Hause ging. Ich habe mir vorgestellt, dass das jetzt mein neuer Arbeitsweg ist, er führt an einem Bach entlang, durch die Auen.
reverb10.com

Sonntag, 26. Dezember 2010

Maischberger III


Dinge, die ich zum ersten Mal getan habe: Ich habe ein Dirndl gekauft und getragen, ich war allein auf einer Milonga, ich war auf zwei regionalspezifischen 'Volks'festen, ich habe einen Ehering gekauft und zeitweise getragen, ich bin wegen eines Jobs und nicht wegen der Liebe in eine andere Stadt gezogen, ich bin ohne meine Eltern über den Brenner gefahren, ich war in der Oper und dann gleich nochmal, ich habe (versehentlich) etwas geklaut, ich habe Wesel und Stendal besucht, ich habe meine Gefühle gezeigt, auch an unpassenden Orten und Gelegenheiten, ich habe Friedrich Ani angesprochen (was, zugegeben, etwas peinlich ist), ich habe mich Peinlichkeiten getraut..

Dinge, die ich mich nicht getraut habe: nackt im englischen Garten liegen, Im Eisbach/in der Isar schwimmen, skifahren, bergwandern, im Mittelmeer schwimmen, nach Hause gehen, zugeben, dass ich nach Hause will, herausfinden, wo zu Hause ist, meine Gefühle zum richtigen Zeitpunkt zeigen, einen Anzug bei Herr von Eden anprobieren.

Samstag, 25. Dezember 2010

Mach mir die Maischberger II

Eine erfolgreiche Integration hängt maßgeblich davon ab, wieviel Kontakt zu den Menschen in der "Aufnahmegesellschaft" möglich ist. Diese Auffassung halte ich für etwas schematisiert, aber eine soziale Anbindung kann doch hilfreich sein.

Ich habe in der Bilanz in München mehr Menschen kennen gelernt, über die ich mich gefreut habe, die mir etwas gegeben haben oder die mich gar glücklich machen, als solche, die es nicht tun. Insgesamt würde ich sagen, dass ich in diesem Jahr insgesamt mehr Menschen kennen gelernt habe, als im letzten Jahr, darunter mich selbst mal wieder etwas näher.

Da die meisten davon in München leben, könnte das auf eine positive Integrations-Zwischenbilanz hindeuten, aber wir haben ja noch die anderen Teile des Jahresrückblicks vor uns.

Freitag, 24. Dezember 2010

mach mir die Maischberger

Okay, auch hier wird es den ultimativen mehrteiligen Jahresrückblick geben.

Bücher:
In meiner Erinnerung ist die Liste ziemlich kurz, aber die vergessenen Bücher können nicht so interessant gewesen sein.

Hier meine Top 3 (neu):
1) Friedrich Ani: Süden und der Luftgitarrist.
Überhaupt hat das Ani-Gesamtwerk mir München näher gebracht bzw. erträglich gemacht.
2) Jonathan Safran Foer: extremely loud and incredibly close.
3) Jonathan Franzen: Freedom.

Top 3 Crime:
1) Friedrich Ani: Süden und der Luftgitarrist.
2) Josh Bazell: Schneller als der Tod.
3) Steve Toltz: Vatermord und andere Vergnügen.

Die Top 3 read-agains:
1) Capote: Frühstück bei Tiffany
2) Donna Tartt: The Secret History
3) Scarlett Thomas: Troposphere
am häufigsten gelesen in 2010: meine Dissertation.

Die Top-3 nicht oder unter Zwang zuende gelesen:
1) Faldbakken: Unfun
2) Thor Kunkel: Schaumschwester; was besonders traurig war, denn ich bin eine große Thor-Kunkel-Fanin...
3) Veit Heinichen: Jedem seinen eigenen Tod.

Top-Sachbuch:
Merri Lisa Johnson: Jane sexes it up.

Bei Filmen kann ich nicht sagen, dass ich über einen ausreichenden Überblick verfüge, würde aber "Precious" ganz oben auf die Liste setzen.

E-Kultur-Entdeckung: Die Oper. Ich hätte nicht gedacht, dass ich solchen Spaß in der Oper haben könnte.

Freitag, 17. Dezember 2010

Skikrieg und Dachlawinen

Heute stand auf einer der großgeschriebenen Zeitungen "Skikrieg auf den Hausbergen" worüber ich eine Weile nachdenken musste. Die gemeine Zugezogene weiß a) nicht wo Hausberge sich befinden, b) nicht wie so ein Skikrieg aussehen kann (Fechten mit Langlaufbrettern?) und fühlt sich c) auch vom so genannten "Schneechaos" - auch als "Winter" bekannt, nicht sonderlich beeindruckt. Sie hält es wie einst in der Okerstraße: Essen kaufen, Buffy-Bestand auffüllen und ansonsten weitermachen. Dennoch, in Kopenhagen sah ich einige Dachlawinen, deren Existenz mir in München nur von Schildern bekannt war. Ich wage kaum, darüber zu schreiben, aber es stellt sich mir die Frage, welche Wirkung das Schild haben könnte.

Dachlawinen sind schnell, kalt und weitgehend geräuschlos. Wenn ich nach einer Dachlawine noch ein Schild sehen kann, auf dem steht "Vorsicht, Dachlawinen" wüsste ich nur, was mir gerade passiert ist. Daher steht auch in Neukölln nirgends ein Schild mit dem Inhalt: Vorsicht, Eisplatten, Rutschgefahr. Sondern es wird einem ein "Mann, passdomalaufey" zugeraunzt. Fertig. Weitermachen.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Alles hat einen Preis...

hat mir jemand gesagt. Und meinte damit unter anderem mich. Ich bin nun schon eine Weile im geschäftsfähigen Alter, habe mich aber noch nie wirklich verkauft, außer im üblichen Rahmen der Erwerbstätigkeit. In diesem Fall habe ich mich das erste Mal benutzt gefühlt. Vielleicht geht es den Meerschweinchen auch so, wenn sie nur dafür da sind, um im Käfig süß auszusehen.
Ich kratze mich derweil mal mit meiner Pfote hinter dem Ohr und quieke.

Montag, 6. Dezember 2010

Von Meerschweinchen

Morgens sehen meine Haare manchmal aus wie die eines Meerschweinchens. Vor allem, wenn ich auf der Seite geschlafen habe. Aber das ist hier gar nicht Thema. Seit ich mein Unglück mit dieser Stadt thematisiere habe ich das Gefühl, auf eine Welle der Unterstützung zu treffen, wenigstens thematisch. Niemand hat kein Verständnis dafür, dass ich es langweilig finde in der bayerischen Ödnis, dass ich vor Unzufriedenheit und Heimweh manchmal nicht mehr atmen kann. Gleichzeitig löst dies bei mir Verteidigungsreflexe aus, denn ich habe mich schließlich dafür entschieden. Ambivalente Informationen sende ich aus und frage mich dabei im Kern, ob es reicht, zu akzeptieren, dass auch dies nur ein weiterer Übergang ist, dass ich weitersuchen werde und dennoch zufrieden sein kann wie ein kleines dickes Meerschweinchen oder ist es diese Zufriedenheit, die mich vom Suchen abhalten würde? Und was machen Meerschweinchen eigentlich, wenn sie nicht in Käfigen eingesperrt sind?

Freitag, 3. Dezember 2010

zu Hause


Und vielleicht wird doch alles anders:

Und die Hügel rufen meinen Namen
und all meine Träume tragen Erde in sich

Heute lag eine CD mit den Gedichten von herr mario in meinem Briefkasten. Die Stimme kommt aus meiner popeligen Kompaktanlage und schafft eine winzigkleine Blase die zu Hause heißt.

Danke.

Poldi an der Isar

Als Lukas Podolski zu Bayern München wechselte haben die Kölner geweint. Zufällig habe ich damals Fußball geschaut und auch gesehen, wie seine Freundin geweint hat und ich glaube, er auch. Obwohl er ein Mann ist. Und Fußballer. Bei den Bayern saß er dann meistens auf der Bank und war nicht glücklich und wechselte nach drei Jahren wieder zurück nach Köln, obwohl er einen Vertrag bis 2010 hatte. Fußballer sind ja oft depressiv, das weiß man inzwischen. Jetzt ist alles wieder gut, weil Poldi wieder zu Hause ist.

Ich bin ja ganz ohne Ablösesumme nach München gewechselt, genau genommen hat das sogar ziemlich viel Geld gekostet. Ich sitze auch nicht auf der Bank, weil es bei uns gar keine gibt und auch keine Bälle und Tore aber das ist ja auch klar. Trotzdem kann ich den "Poldi" verstehen, weil es sogar wenn man nicht weltberühmte Fußballerin ist, oder vielleicht gerade dann, verdammt schwer ist, ins Spiel zu kommen. Ich gehe jetzt mal raus und kicke ein bisschen in die Schneehaufen.

Sonntag, 28. November 2010

Herzscheiße

Präambel: Liebe Leserinnen und Leser, da Frau Paula weiterhin den München Blues schiebt, müssen Sie bis auf Weiteres mit Beiträgen im Sinne von "früher war alles besser und hier ist es blöd, ich will heim und zwar sofort" rechnen.

Ich fliege nach Hause, um im Brandenburgischen meinem pädagogischen Auftrag gerecht zu werden. Im TXL-Bus überfallen mich erste Aggressionen über die völlig unlockeren Touristen, die gar nicht wissen, dass man beim Busfahrer nicht mit Scheinen bezahlen darf und erwische mich bei peinlichen Abgrenzungsmanövern. "Ist der Bus denn so kleen, dit wir alle hier vorne stehn müssn oder wat" raunzt unser zuvorkommender BVG-Fachangestellter und ich will mich mit ihm solidarisieren. Im Zug lerne ich einen Mann kennen, um die 50 seit 30 Jahren in Kreuzberg. Wir reden über die Liebe und das Leben, er erzählt von Scheidungen, Kindern, Frauen, Freundinnen. Die Essenz ist, dass man eigentlich nur gelassen bleiben sollte. Der Zug hat eine Stunde Verspätung, aber ich glaube, wir beide sind eigentlich froh darum, eine kleine Zeitblase zu haben, in der wir weiterreden können. Der Bus zurück zum Flughafen hat einen Unfall, wir können nicht weiterfahren und für einen winzigen Moment kommt mir die Idee, hier und jetzt zu verschwinden. War das nicht ein Zeichen, das ich hätte erkennen sollen? Will nicht sogar die BVG, dass ich wieder nach Hause komme? Im Flugzeug schluchze ich in meine Lufthansa-Serviette und bin fast angewidert von meiner eigenen Theatralik.

Mittwoch, 24. November 2010

Perfektion in der Dunkelheit - Dark Munich IX

Auf dem Weg zu meiner Arbeit gibt es ein Laserskin-Dingens-Studio, wo man seine Tätowierungen weglasern lassen kann. Jugendsünden wie "Bon Jovi 4ever" werden dem Feuer ausgesetzt, an Ort und Stelle verbrannt. Sie hinterlassen die Narbe der unerfüllten Liebe (außer bei ausgewählten Groupies, aber die lassen sich auch nichts weglasern). Man kann sich auch Brust-, Achsel- wahrscheinlich gar Haupthaare weglasern lassen, so dass am Ende eine haarlose, makellose Puppe entsteht mit ein paar Narben, über dem Steiß und auf dem Schulterblatt.
Ein paar Häuser weiter gibt es einen Laden, in dem man sich die Zähne bleichen lassen kann. Alles ist weiß in dem Laden und auf der Glastür steht mit weißer Schrift "ohne medizinische Leistungen".
Jeden Morgen muss ich an diese Dinge denken, an Menschen ohne Haare, ohne Bon Jovi, mit Löchern in ihren strahlend weißen Zähnen und dann gehe ich am Bestattungsinstitut vorbei. München, Deine Perfektion lässt mich schaudern.

Montag, 22. November 2010

Der Sommer kommt

Auch dieses ist von Herrn Mario...wie viele ich da noch im Kopf habe?

Wind quält unsere Gesichter
und wir stehen auf einer Lichtung
Der Förster kommt und füttert die Dachse
während Du
niedliche kleine Blumen pflückst

Lass uns beide kämpfen
sagst Du
und legst mir kleine Küsse auf den Bauch

Der Sommer kommt
und singt Lieder vom Sieg.

Sonntag, 21. November 2010

Amsellied

Der Abend ist ein Amsellied
das ganz kühl sich
auf heiße Wangen legt
und von der Reise singt

Bring mich heim
Bring mich heim
heute noch

Das Gedicht ist von Herrn Mario und wurde mir vor fast zwanzig Jahren auf einer privaten Vinylpressung von mr blue geschenkt. Darauf waren noch mehr vertonte Gedichte von Herrn Mario drauf und sie gehört zu einer der schönsten Schallplatten die ich je hatte. Im Laufe der letzten fünfzehn Umzüge ist diese Platte verloren gegangen, mr blue ist schon lange weg, wer Herr Mario ist, weiß ich gar nicht. Umzüge gehören zu den so genannten 'stressful life events'. Ich dachte immer, nicht für mich - ich bin schon oft umgezogen, ein Umzugsprofi, gewissermaßen. Dass ich diese Platte nicht mehr habe gibt mir das Gefühl, auf dem Weg etwas verloren zu haben. Bring mich heim. Heute noch.

Dienstag, 16. November 2010

never change a winning team...

Prognos hat die zukunfstfähigsten Landkreise und Kommunen ermittelt - wirtschaftlich prosperierend, wenig Armut, viel Dynamik und so weiter. Die meisten GewinnerInnen liegen im Süden der Republik, außer Düsseldorf, glaub ich. Erlangen hat gewonnen. Da war ich noch nie. Und Starnberg und der Landkreis München stehen auch sehr gut da. Auch da war ich noch nie. Die Gewinnerkommunen haben allerdings oft das Problem, dass der Altersdurchschnitt hoch ist. Ich mache es kurz: München hat auch gute Punktzahlen bekommen, es sei aber nahezu unerschwinglich, daher gebe es überdurchschnittlich viele hilfebedürftige Personen (Logik: Starnberg ist erschwinglich?). Über Berlin hat die Sueddeutsche nicht gesprochen.

Ich habe mal ein paar Berater von prognos kennen gelernt. Wir hatten uns nicht viel zu sagen. Aber sie sind sicher nett.

Sonntag, 14. November 2010

Parallelgesellschaften

Eingeweihte LeserInnen wissen, dass ich jüngst zu einer besonderen Form der Selbstverteidigung im Westen war. Jüngst heißt vor drei Tagen und ich musste in Köln-Deutz umsteigen, um ins Bergische zu gelangen (nebenbei: das Bergische, da lacht der gemeine Bayer doch).
Ich stieg aus und war doch etwas geschockt: mir kam ein Mensch mit Hörnern auf dem Kopf entgegen und junge Frauen, höchstens im Abiturientinnenalter waren gekleidet, als würden sie einem Beruf mit viel Körperkontakt nachgehen. Blaue Perücken, Mönche und Gesang.
Es stürmte und mein Zug hatte Verspätung. Zunächst kam mir der Gedanke, dass ich in Bayern einfach wichtige gesellschaftliche Entwicklungen verdrängte. Natürlich wurde mir im nächsten Moment auch klar, dass es sich um Fasnacht/Karneval/5.Jahreszeit handelte, aber dennoch, dieses Befremden wäre mir bei ein paar Bedirndleten nicht gekommen. Bayern ist eben doch eine Parallelgesellschaft.

Donnerstag, 11. November 2010

there is a light that never goes out


Herr Candy liest gerade High Fidelity und will entsprechend auch Listen. Gerade suche ich die fünf besten Songs aller Zeiten. Ist ziemlich schwierig.

Heute morgen dachte ich an "And if a double decker bus crashes into us", das war mir zu deprimierend. Dann an "I want to ride my bicycle". Das war noch schlimmer. Und in der Zusammenstellung hat das alles viel mit Mobilität zu tun.

Es müsste Lieder geben, die zugleich fröhlich und traurig sind. So wie heute früh am Viktualienmarkt. Ein Mann Mitte fünfzig trägt ein Tigerjackett und schmettert Songs von dem Mann, der früher ein Tigerjackett auf der Bühne trug. Die Bühne ist mit Luftballons geschmückt und es stehen etwa zwanzig Personen schweigend herum. Die Sonne scheint.

Mittwoch, 10. November 2010

darkest munich ever: sie haben den Panther

Mir wurde mein Fahrrad geklaut. Vor meinem Büro. In der Au. (Au = superharmloser Kiez in München).

Mein Panther, der sechs Tage unbeschadet am Herrmannplatz stand, der in Neukölln Nächte vor meinem Haus verbrachte, der mich sieben Jahre glücklich durch Kreuzberg, Neukölln und Haidhausen gebracht hat. Der Panther, mit dem ich nächstes Jahr die Alpen überqueren wollte. Vielleicht. Ich hatte vor, ihm endlich einen Fahrradkorb zu kaufen. Ich hätte ihn bestimmt mal wieder aufgepumpt. Wir konnten uns nicht mal voneinander verabschieden.

Falls Lösegeldforderungen eingehen, werde ich umgehend davon informieren.

Dienstag, 9. November 2010

Platt-Woche

Diese Woche ist die allgemeine Woche zum Auspacken platter Geschlechterstereotypen und da möchte ich diversen Amt- und Würdenträgerinnen in nichts nachstehen. Heute stand in der Süddeutschen (die ich noch immer nicht abonniert habe, ein paar Integrationsmerkmal möchte ich mir noch aufheben), dass München die Singlehauptstadt sei und es vor allem mehr Single-Männer als Frauen gäbe. Ich habe sofort messerscharf geschlossen, dass auch SeniorInnen in diese Gruppe gezählt werden und die innere Hypothese einer längeren Lebenserwartung männlicher Münchner aufgestellt. Betrachtet man jedoch die aktuelle Plakatwerbung für Blutwurz (unteres Motiv) wird deutlich, dass es das nicht sein kann. Denn der hohe Alkohol und Fleischkonsum wird dem Münchner Mann sicher eher ein früheres Ableben als beispielsweise dem Hamburger Mann bescheren.
Was also führt zu diesem Kuriosum? Haben einzelne Männer gleich mehrere Beziehungen, so dass pro Mann mehr Frauen entfallen und die übrigen in die Röhre schauen? Führen die Münchner Frauen mehr Fernbeziehungen mit Männern aus Berlin, denen die dünn und dreckig sind statt dick und sauber wie der Penninger-Prototyp? In meiner Sprache sagt man: further research needed.

Montag, 8. November 2010

Sonntag, 7. November 2010

Rind und Meister Lampe

Rinder verfolgen mich. Nachdem mir am Telefon von der Zubereitung einer Rindersuppe erzählt wurde, ich gestern Rinderhackbällchen zubereitete und danach ordentlich Beef hatte mache ich mir Gedanken über mein Verhältnis zur Tierwelt.

Nicht zuletzt, weil ich, zu Inneneinrichtungen befragt, eine Hasenlampe vorschlug. Als nächstes Hobby plane ich ja, Kühe bestimmen zu lernen, als adäquates Gegenstück zur bisher bekannten Ornithologie.

Scheinbar bleibt es hier nicht aus und sei es durch Kuhverfolgungen, sich in irgendeiner Form mit Natur auseinanderzusetzen.

Samstag, 6. November 2010

Beef report 2010



Ich erhalte einen Wissenschaftsnewsletter, indem mir heute 'ein globaler Blick auf Rindfleisch' angekündigt wurde. Nicht, dass das uninteressant wäre, aber ich finde das Leben insgesamt schon recht komplex (die ganzen Machtverhältnisse und Strukturen und all das), so dass ich das mit dem Rind ausblende.

Bei der Reflexion über die Rezeption des Beef Reports 2010 fiel mir allerdings auf, dass mir in München, obwohl es in jedem Reiseführer als unmöglich bezeichnet wird, mehr bekennende VegetarierInnen oder VegetarierInnen-to-be begegnet sind, als in anderen Gegenden der Republik. Das Schöne in München ist nämlich, dass aufgrund der Angepasstheit der Durchschnittsbevölkerung Subversion ganz einfach wird. Wer in Neukölln sagt, dass er/sie VegetarierIn sei erntet ein müdes Lächeln, selbst VeganerInnen zählen als Mainstream. Aufmerksamkeit würde man dort eher mit dem öffentlichen Verspeisen eines 'sauren Lüngerls' erhalten.

Hier trifft die Aussage 'ich bin Vegetarierin' auf ein ungläubiges 'echt?! Und wie machst Du das - ich meine hier?'. Vielleicht lese ich jetzt doch den Beefreport, dann kann ich auftrumpfen.

Donnerstag, 4. November 2010

true faith - Popper IV / Dark Munich VII

München ist zur Zeit ein New Order Cover, genauer das Cover von 'true faith'. Man kann hier vielleicht nicht wirklich im Park herumtänzeln und singen 'I feel so extraordinary' aber ich wage die Hypothese, dass das mit dem Laub und dem Himmel hier irgendwie schöner ist als anderswo.

Gleichzeitig hat es, wie es zu New Order passt, auch immer die düstere Seite: wiege Dich nur im Vertrauen und geh ohne Mütze aus dem Haus, die Milde hier soll Dich in Sicherheit wiegen, damit Du denkst, der Winter kommt nie 'I used to think that the day would never come'.

wherever I lay my head

Ein bisschen mulmig war mir schon bei meinem letzten Besuch in der alten Heimat. Unüblicherweise war ich am Potsdamer Platz untergebracht, musste an den Gendarmenmarkt und hatte auch sonst kaum Gelegenheit, wirklich zu Hause zu sein. Scheinbar gab es jedoch Ankündigungen meines Besuchs, denn auf der Friedrichstraße waren im Schaufenster von Frankonia Dirndl zu bewundern. Ich schätze es ja, wenn versucht wird, Vielfalt zuzulassen und Gastfreundschaft zu signalisieren, aber ehrlich: die Saison ist doch längst vorbei. Noch befremdlicher wurde es, als mir auffiel, dass es am Gendarmenmarkt einen Augustiner gibt (sic!). Aufmerksame LeserInnen werden sich sicher erinnern, dass jüngst am Orleansplatz der Hamburger Fischmarkt war und schon das erschien mir - sagen wir - bemüht. Womöglich habe bereits den fremden Blick und mir ist das früher einfach nicht aufgefallen. das nächste Mal übernachte ich jedenfalls hoffentlich wieder in Neukölln-Nord.

Montag, 1. November 2010

Neues aus der Bahn

Nachdem mich neulich Herr Hausen fragte, warum ich eigentlich nicht Innenarchitektin geworden sei (ich schlug für seine Durchreiche eine Klinkerstein-DC-Fix-Folie und eine Nut-und-Feder-Verkleidung in der Küche vor nebst Himmel-Foto-Tapete), habe ich mich mal genauer mit der Einrichtung der ICEs befasst. In sechs Stunden fällt einem da Einiges auf.

Es erscheint mir verwunderlich, dass in drei Generationen ICE bis heute kein Toilettenpapierhalter gefunden wurde, aus dem sich das Papier ordnungsgemäß abrollen ließe. War es im ersten ICE noch die Plexiglasklappe, hinter der sich das Papier hämisch versteckte, man verzweifelt darin herumfingerte, um mikroskopisch kleine Zellstofffitzelchen zu ergattern, ist es heute die blaue Röhre. Nun sieht man nicht mehr, ob sich Papier dahinter befindet oder nicht, das Problem ist das Gleiche. Meist findet sich irgendein rowdyhafter Fahrgast, der dann kurzerhand die Klappe öffnet.

Mich fragt ja nie einer und wenn, wären die bestimmt nicht für DC-Fix-Dekorationen zu haben, aber so ein Grundverständnis für menschliche Bedürfnisse fände ich schon angebracht.

Party on, Wayne


Woran ich mich noch nicht wirklich gewöhnen kann, ist die hohe Dichte an Feiertagen, die zudem in einer Konsequenz begangen werden, die ihresgleichen sucht. Nachdem ich diesmal zumindest bereits am Donnerstag feststellte, warum ich für Montag keine Outlook-Termine habe, war ich insofern vorbereitet, als dass ich für Sonntag Abend einen Pubcrawl vereinbarte. Heute ist aber nicht irgendein Feiertag, heute ist Allerheiligen. Das bedeutet, dass der Pubcrawl mehr oder weniger um zwölf Uhr seinem vorzeitigen Ende entgegentaumelte, denn die Musik wurde ausgemacht, was ja generell ein bisschen die Stimmung tötet. Als wir dann sogar um zwei Uhr aus meinem Lieblings-weil-wie-das-freie-Neukölln-Laden geworfen wurden, war mir klar: Feiertage sind in Bayern eine ernste Sache.

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Enthüllungen in der Abendzeitung

Ich hab gehört, der soll sogar Alkohol getrunken haben...

Bürgerpflichten

"Meine Eltern mussten noch nie den Notruf anrufen. Ich musste das letzte Woche zweimal. Das kann auch nur mir passieren" erzählt der junge Mann neben mir. Abitur, Schreinerlehre: "ich will aber noch Design studieren. Was mit Mode", I-Pod, Selbstmitleid. Diese Ankündigungen wecken meine Neugier - was wird den Klassenliebling mit Hochdeutsch und englischsprachiger Freundin am Handy ängstigen("that is a french question - haha - haha - what coulor - haha. Yes. I'm gonna teach you french." weil ja niemand im ICE englisch versteht). Zurück zur Bedrohung: "vor zwei Tagen ist ein Nackter durch Frankfurt gelaufen. Da habe ich sofort die Polizei gerufen". Ah, sage ich, ja, das ist nun wirklich eine bedrohliche Situation. "Ich hatte natürlich keine Angst". Achso, aber warum dann der Notruf? "wenn da Kinder sind" schaltet sich die Dame gegenüber ein "die sollen sowas ja nicht sehen". Sie wohnt am Tegernsee. "Das ist" antwortet Herr Schreiner in spe "meine Bürgerpflicht". "Die Bekämpfung der Nacktheit in der Öffentlichkeit halte ich auch für ein wichtiges Anliegen" stelle ich fest und hoffe auf Ironiefähigkeit der Mitreisenden. "Ja, des is gut, dass der junge Mann Verantwortung übernimmt". Hoffnung tot.

Ich bin froh, dass ich mich in München auf meine MitbürgerInnen verlassen kann. Sollte ich mich je nackt auf die Straße wagen, wird sicher jemand die Polizei rufen, die mich vorsorglich einkesselt, damit kein Kind zu Schaden kommt.

Dienstag, 19. Oktober 2010

rauseskimosieren


Eine Kollegin von mir fliegt Gleitschirm, eine weitere fährt Motorradcross. Die Berggeschichten hatte ich ja bereits beschrieben. Ich bin seit kurzem im Besitz eines Skioveralls.

Der Mann am Nebentisch heute berichtete seinem ersten Date "ich hab ein Wanderkajak". "Ach" antwortete diese und rührte in ihrem Latte Macchiato. "Das ist schon besser als die Canadier, aber auch schwerer zu steuern". Weitere Ausführungen folgen, in denen die Frau mit zunehmender Verzweiflung den letzten Milchschaum aus dem Glas angelt. "Ja, auch Glasfaser hat ihre Grenzen". "ja, das würde ich ja auch gern lernen, aber..." - Pause, in der das Thema elegant beendet werden könnte. "Das kann man ändern, direkt neben Siemens gibt es mehrere Kanuvereine, der eine hat immer Dienstags Übungsstunde, da lernt man rauseskimosieren" - Verzweifeltes Rühren und Schlürfen -

"wenn Du am Ufer gefangen bist, musst Du nicht erst aussteigen, sondern lernst, Dich zu befreien und im Sommer geht es dann an die Isar" "ach". Weitere Gnocchi landen auf meiner Gabel, mehr Milchschaum wird am Nebentisch gekratzt. "Aber ich habe ja eine Steuerungsanlage in meinem Wanderkajak. Da kann ich die ganze Kraft aufs Geradeaus verwenden": Genau. Denke ich.

Sonntag, 17. Oktober 2010

subobjektive Ausreden



Neben meiner Tätigkeit als Profiintegrateuse und Blogschreiberin frage ich ja auch Menschen aus. In der Branche, in der ich das tue, wird oft nach Problemen gefragt oder nach Dingen, die Menschen getan oder nicht getan haben (den Telefonanbieter gewechselt, eine Bank ausgeraubt, die Schuhe nicht zugebunden). Oft können die Menschen dann keine Begründungen nennen, die sinnvoll erscheinen wie "ich war jung und brauchte das Geld". Im Allgemeinen würde man das dann Ausreden nennen. Wir nennen es subjektive Deutungen. Wenn die häufiger vorkommen, können es sogar subjektive Deutungsmuster sein.
Gemäß dem Motto, in meinem neuen Lebensjahr mehr Tanz in mein Leben zu lassen, wollte ich gestern zum Tango. Aber es hat geregnet. Ganz objektiv war es mir mithin unmöglich, zum Tango zu gehen. Ich verbrachte den Abend auf dem Sofa in steter Reflektion darüber, ob Regen nun ein objektiver Hinderungsgrund oder ein subjektives Deutungsmuster sein könnte. Das Ergebnis war, dass ich eigentlich einfach zu feige bin. Ich tanze schon sehr lange, aber nichts jagt mir mehr Angst ein, als in eine neue "Tänzerszene" zu gehen...Nicht, dass ich das nicht schon häufiger gemacht hätte und jedes Tierchen findet sein - aber sub- wie objektiv war der Regen dann vielleicht ein Hinderungsgrund zu viel. So wie die Aussichten sind, werde ich noch ein paar Wochen über ausreichend objektive Ausreden verfügen.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Peitschenhaar und Killermops

Ich bin in dem Club, in dem angeblich auch David Bowie und Freddie Mercury schon waren, sie sind an diesem Abend nicht da. Bei Herrn Mercury geht das ja auch gar nicht. Die Anwesenden scheinen jedoch mit diesem historischen Teil des Ambientes wenig zu verbinden, außer, dass sie auch die Moet-Flaschen bestellen und entsprechend angeheitert auf dem Tisch tanzen. Wiederholt werden mir peitschenartige Strähnen ins Gesicht geschlagen, als ich versuche, zu Sympathy for the Devil zur Tanzfläche zu gelangen. Der Wurf der eigenen Extensions scheint die neue Form der Selbstverteidigung zu sein, bis ich an einem gebräunten Gesicht mit im Schwarzlicht leuchtenden Zähnen abpralle. Das Gesicht zwar verzerrt, aber faltenfrei mit Mitte Fünfzig. Das allein hätte mich weniger erschreckt, wäre ich nicht beim Vorbeiquetschen am prallen Dekolletee hängengeblieben. Sowohl mit Blicken als auch in realitas. München at its best. Es lebe die leuchtende Tanzfläche.

Freitag, 8. Oktober 2010

tourist

Ich treffe Herrn Pank in Berlin und wie so oft haben wir keine Zeit. Also gehen wir in den Segafredo am Hauptbahnhof. "Dich treffe ich immer an Orten, an die ich sonst nie gehen würde, wie der Segafredo am Hauptbahnhof oder das Einstein in der Friedrichstraße". Aber das seien doch die Orte, an denen Berlinbesucher anzutreffen seien, so Herr Pank und sagt "und Du bist doch Touristin, da passt das doch". Ich habe zwei Taschen in der Hand, so kann ich keine körperliche Gewalt anwenden. Wende mich aber wenigstens schnaubend ab.

Weichei

Jetzt ist es soweit. Ich bin ein Weichei geworden. In TXL steige ich in den TXL ohne Ticket, weil der inzwischen dort angestellte Fahrgastverfrachter angesichts streikendem BVG-Automaten keine andere Möglichkeit sieht, als den MitfahrerInnen mit auf den Weg zu geben, sich bei der nächsten Gelegenheit ein Ticket zu kaufen. Kurz spiele ich mit dem verlockenden Gedanken, einfach 'schwarz' zu fahren, besinne mich dann auf meine Verantwortung im öffentlichen Dienst. Ich kämpfe mich durch die Trolleys und "heinz fährt der wirklich zu hauptbahnhof, entschuldigen sie, fährt der wirklich..." und schaffe es im Stau bis zum Fahrer. "wat wolln sie denn!" raunzt er. "Ich hätte gern ein Ticket" "Bis wohindn für 2,10 oder wat?" äh ja, bitte. Er will, und das hätte ich wissen können, mir kein Ticket für einen Zwanzigeuroschein geben. Mit engelsgleicher Stimme ringe ich ihm das Wechselgeld ab. Zurück auf meinem Platz sage ich zu meiner Nebensitzerin (und fühle mich wie jemand, der im Flugzeug bei der Landung applaudiert) "die berliner Busfahrer sind so unfreundlich, das hatte ich glatt vergessen" - will mir den Mund zuhalten, mich ohrfeigen, nein rufen, nein, das habe ich nicht gesagt! Was hat mich bloß so ruiniert?

Freitag, 1. Oktober 2010

Ambivalenz

Eigentlich wollte ich entweder:

a) einen unglaublich begeisterten Blogbeitrag über meinen ersten Wiesnbesuch schreiben oder
b) in schwermütige Betrachtungen über die bayerische Lebensart auf der Wiesn verfallen.

Vielleicht erwarte ich inzwischen zu viel, vielleicht bin ich auch schon zu integriert, aber nach fast zwei Mass Hellem und einem halben Brathendl im Dirndl auf einer Bank zu stehen und bei Abba-Songs mitzusingen kommt mir nicht einmal befremdlich vor. Auch die Betrunkenen, die eindeutigen Angebote und das übereindeutige, ja sagen wir, offensive Verhalten der bereits gematchten Paare überraschte mich nicht wirklich. Denn genau das hatten mir alle bereits im Vorfeld erzählt/gewarnt/geschwärmt. Vielleicht habe ich auch einfach schon zu viel Erfahrungen mit Singstar-Abenden zu 80er und Hütten-Hits. Beeindruckt hat mich allerdings, dass selbst im Dirndl eindeutige Schichtvarianzen zu erkennen sind, Habitus ist offenbar kein leerer Begriff.

Sonntag, 26. September 2010

I love you, but I've chosen vegetables


Ich habe eine neue Liebe entdeckt. Als ich mit Ms. Moon Lebensmittel einkaufe führt sie mich in einen bayerischen Edeka. Und nachdem bereits Edeka an der Hasenheide mein persönlicher Lieblingsort ist, muss ich nun einen weiteren hinzufügen.

Der Edeka im Einstein. Obwohl in Eile kann ich mich nicht losreißen vom liebevoll polierten Gemüse. Die Auberginen sind weiß, aubergine oder gefleckt und glänzen wie - ja - Auberginen. Ich will welche kaufen, nur um sie zu Hause zu bewundern. Wie im Rausch flaniere ich durch Gänge, unterstützt vom vollsten Verständnis von Frau Moon, die auch Supermärkte liebt. Es mag Ausdruck der bereits vollzogenen Gentrifizierung sein, dass dieser Supermarkt auch glutenfreies Bier führt...Tatsächliche Schönheit sehe ich aber nur in den Auberginen, den Grapefruits, den Äpfeln. Ich bekam jüngst einige Karotten mit dem Namen purple haze geschenkt und frage mich, ob deren Verzehr Grund für meine neue vegetale Begeisterung ist.

Sonntag, 19. September 2010

Den Oberkiefer in die Tischplatte und die Hendl zum Himmel

Langsam wird das mit der Integration ein Selbstläufer, der klischeeartige Ausmaße annimmt. Beim Steckerlfischessen (geräuchert-gebratene Makrele am Spieß) zum Wiesnanfang (Beginn des Oktoberfests) im Westend (für Frankfurt: Bockenheim, für Berlin: Kreuzberg zwischen 61 und 36) begegnete ich einer Vielzahl in Tracht gekleideter Personen. "Is dös dei oidi" war Frage eins, Frage zwei richtete sich auf meine Herkunft. Haha. Berlin. Haha. Schon hatten wir ein gemeinsames Thema gefunden, denn, so scheint es, liebt es der bestimmte Schlag der Autochthonen, sich über einschlägige Redewendungen und Begriffe dem Fremden anzunähern. Eine Art Gratissprachkurs also. Wenn man Hunger habe, so der Autochthone, müsse man fragen, ob man erst den Oberkiefer in die Tischkante hauen müsse. All das in einer schnelleren und gewandteren Formulierung.
Allerdings provoziere ich dieses Verhalten auch durch Nachfragen, wie sie die ethnografisch geschulte Soziologin als zweite Natur angenommen hat. Aktives Zuhören, Nicken und Lächeln scheint die Ansässigen zu provozieren. Das wird weiter ausgetestet.

dark munich - gefühlt VI

Ich will heute mein, seit Tagen unangeschlossenes, Fahrrad in den Hof bringen und sehe das:

Wenn ich mich diesem Zustand hermeneutisch annähere, eröffnet sich Folgendes: Die Münchner haben gewissermaßen das gleiche Aggressionspotenzial wie die Neuköllner. Aber die Unterdrückung des Gefühls entlädt sich zeitweise in perfiden Akten, wie der säuberlichsten Einbringung eines Kaugummis in das Hofschloss. Wo andere - sprich - vernünftige Ordnungswidrigkeitenbegeher schlicht die Reifen zerstochen oder den Panther geklaut hätten, wird hier Hinterlist im großen Stil sichtbar. Häh: ich machen ja gar nichts Böses, nur was Fieses.
Ich bin - gelinde gesagt - enttäuscht. Freud lasse ich an dieser Stelle mal ruhen und gehe stattdessen mit Nagellackentferner runter.

Freitag, 10. September 2010

urbanes Leben

Mein Nachbar begegnet mir im Flur, in seinen Taschen silberne Flaschen und es ragen zwei Spitze Speere heraus. "Nicht erschrecken" sagt er, "mich schockt hier nichts mehr" sage ich. "Warum" fragt er. Ich beschreibe ihm, dass alle MünchnerInnen verrückte Dinge tun. Welche, will er wissen. Wandern, Klettern, Mountainbiking setze ich an. Wo das Verrückte sein, will er wissen. Ach nichts, möchte ich abwinken, sage dann aber, dass ich aus einer Stadt komme. Falsche Antwort, denke ich sofort.

Ob München keine Stadt sei, will er wissen. Ähja, neinweil, doch, klar ich muss jetzt dringend zum Briefkasten. Aber ein schönes Wochenende! Wird er haben, mit dem Gaskocher, den Stöcken, Pfeilen, Stäben und dem Nylon. Ich bleibe dann mal in der "Stadt".

Mittwoch, 8. September 2010

Changes

Ein weiterer Beleg führt zum Verdacht, dass mich München verändert hat. In Berlin wurde ich bei einem Brunch (zu dem ich mich nicht unverkatert und auf jeden Fall unausgeschlafen geschleppt hatte) für eine Yogalehrerin oder Physiotherapeutin gehalten. Ich sähe so gesund und beweglich aus.

Ich kann mich nicht erinnern, dass zu mich Berliner Zeiten jemand auf den ersten Blick für gesund und beweglich gehalten hätte. Leider hatte ich damals das Hobby heiteres Beruferaten noch nicht, aber Yogalehrerin hätte sicher niemand gedacht. Glaub ich. Internistin vielleicht.

Sonntag, 5. September 2010

Frau ohne Eigenschaften

Bei einem kurzen Heimausflug stellten meine zurückgelassenen Sozialkontakte fest, dass ich - überraschenderweise - schon voll in München integriert sei. Selbst "Mei" rutschte mir mitunter ungestellt heraus. Dennoch hatte diese Integrationsdiagnose einen schalen Beigeschmack. Bin ich so formbar, so frei von Eigenschaften, dass ich mich überall anpasse? Von erfolgreicher Integration wird gesprochen, wenn außerdeutsche Migranten sich 'integrieren'. Gern werden (in einschlägigen Populärmedien) Beispiele der zweite-Generation-Einwandererin aus der Türkei gebracht, die nun bei Daimler in der Personalabteilung arbeitet. Reicht es bei mir schon für Paula aus Berlin, die sich, ohne eine Parallelgesellschaft zu bilden, akzentfrei in die bayerische Kultur eingefügt hat und nun statt Buletten Fleischpflanzerl isst? Oder sollte ich den Versuch einer Parallelgesellschaft starten und hier eine Currybude eröffnen?

Montag, 30. August 2010

Reinhold

Mit Reinhold Messner verbinde ich im Wesentlichen Ben Folds Five mit dem fantastischen Album "The Unauthorized Biography of Reinhold Messner" (die übrigens nichts mit dem bärtigen Schweizer zu tun haben). Verband, müsste ich sagen. Denn heute sagte eine Kollegin freundlich aber bestimmt, wenn ich dieses Jahr noch in die Berge wolle, müsse ich mich sputen und vor September meinen ersten Ausflug machen. Sie selbst (u30) ist Mitglied im Deutschen Alpen Verein und ist damit nicht allein im Kolleginnenkreis. Es folgten Beschreibungen (glänzenden Auges) von Klettertouren und der Übernachtung auf Berghütten zwischen etwa 20 Reinhold Messners, die bereits ab sieben schnarchten. Frau selbst würde sich nicht daran stören, denn froh, den Aufstieg geschafft zu haben, schliefe man auch beim dröhnendsten Sägen ein. Das Gute an der Übernachtung auf der Hütte sei, dass man schon oben sei, wenn man aufsteht. Ist klar, so stelle ich mir Urlaub vor. Ich quäle mich einen Berg hoch und der einzige Grund, warum ich einschlafe ist, dass ich froh bin, nicht mehr runter zu müssen. Vielleicht sollte ich doch den Buenos Aires Urlaub überdenken.

Es gibt so ein Lied, auf der Ben Folds Five Platte, das heißt "don't change your plans for me"...

Sonntag, 29. August 2010

Puder

Wo es heute zwar eindeutig zu früh, aber doch frühherbstlich ist und ich mich grundsätzlich bereits mit Fragen der Planung bis Jahresende auseinandersetzen muss, keimt nach und nach ein weiterer Gedanke in mir, der den Integrationsaspekt in neuem Licht erscheinen lässt.

Den Sommer habe ich ja bislang ganz gut bis zu den Knien in der Isar herumgebracht, den Bergen war ich wenigstens auf der Durchreise nah (die neue Ornithologie ist übrigens, Kühe unterscheiden zu lernen), ich war in Italien und im Bierzelt. Nachdem ich mit etwas Glück wahrscheinlich nicht mehr in den Schlier- Tegern- Kochel- oder sonstigen See springen muss, nähert sich - nach der Wiesn - des Münchners liebste Saison. Stichwort: "mit dem Schneebrettl durch den Puder" oder "ab auf die Piste". Schluck. Das letzte Mal Skifahren war ich mit Anfang zwanzig (also vor etwa drei Jahren) und erinnere mich an ewige Überredungskünste des damaligen Begleiters, bis ein älteres Ehepaar bei mir Ähnlichkeiten zur jungen Rosi Mittermaier ausmachte. Schwups schwang Paula die steilsten Hänge herab.
Dennoch, ich erinnere mich auch an A-Team-reife Überschläge, überkreuzstehende Ski, die Unmöglichkeit, mich umzudrehen und die Plagen des Schlepplifts. Und an Germknödln. Mjam. Dennoch denke ich bei Puder in erster Linie an Dior und assoziiere kaum kristallenes Weiß. Es ist ein weiter Weg.

Donnerstag, 26. August 2010

Gefahr lauert überall

Das passiert, wenn die Münchner einem ein X für ein U vormachen wollen. Es kommt ein O dabei heraus.

Mittwoch, 25. August 2010

die zweitbayerischsten Bayern

Ein Dirndl im Schrank haben ist eine Sache. Ein Dirndl tragen eine andere. Und ganz anders ist es, auf das zweitgrößten bayerische Volks[sic!]fest in Niederbayern (Straubing) zu gehen. Das letzte mal "Volks"fest erlebte ich mit gefühlt 16 Jahren, dort wurde allerdings Äppler getrunken und "Billy and the Lucky Boys" spielten zum Tanz auf.

Hier spielten die Straubinger Volksmusikanten Blasmusik und es wurde Bier in Maßen getrunken. Ansonsten glichen sich die Phänomene in überraschender Weise, heterosexuellen Balzverhalten wurde insbesondere seitens männlicher Lederhosenträger gezeigt, das Schmücken mit Plastikbrüsten, Zöpfen und der Verkauf von kleinen Produkten scheint Merkmal der heutigen Abschiede von Männern aus dem "Junggesellen"-dasein zu sein, und rotweißkarierte Hemden (aus der Ferne insbesondere für kurzsichtige Frauen mit urbanem Hintegrund als schweinchenrosa verkannt) liegen im Trend.

Die Fülle von Eindrücken, "Münchner Freiheit" am Autoscooter zu hören und der Kettenflieger waren Höhepunkte meines Flashbacks. Gekrönt wurde dies nur vom Besuch der Ostbayernschau, die neben Traktoren, Garagentoren und Tupperware auch eine Tanzgruppe feilboten. der Moderator brachte die Botschaft dann auch iterativ auf den Punkt: "Trradition ist olles" "Pfürgott" und "vergeltsgott".

Im Anschluss wurde mir mitgeteilt dass die Straubinger "Niederbayern" seien, nicht vergleichbar mit den "Oberbayern" die zweifelsohne oberbayerischer seien. Mithin bin ich vorbereitet auf die Wiesn, Meltingpot für Ober- Nieder- Neu- Möchtegern-Bayern und solche mit gewissen Bayern-Ambivalenzen.

Sonntag, 22. August 2010

Brüchigkeit II

Ich würde ja gern mal wieder etwas schreiben, aber Bilder sagen mehr als Worte...heute in der Nachbarschaft:

dark munich III oder V

Ich weiß nicht, wie ich das noch kommentieren soll, vielleicht nur die kurze Beschreibung: auf dem Nachhauseweg vom Gäubodenfest, wo allenthalben Kuscheltiere an Schießbuden, Froschwerfanlagen und Entenangelgebilden darauf warteten, ein neues, liebevolles zu Hause zu finden, sehe ich das in der S-Bahn-Station. Also Soziologin würde ich das als weiteren Beleg der Brüchigkeit nachmoderner Beziehungen werten.

Mittwoch, 18. August 2010

Mei - oder the return of dark munich


Ja, es stimmt. München ist toll, denn man ist in zwei Stunden in Italien (und kann nach spätestens drei Stunden den weltbesten Cappuccino trinken). Auf dem Weg dort hin kommt man durch die Alpen und fährt über den so genannten Brenner. Die Berge (wie sie der Münchner nennt, denn es gibt ja außer den Alpen keine anderen) sind so schön, dass ich ob der Kühe, der Wiesen, der Felsen, der Kirch(ch)en, der Wolken und des überhaupt kurz alle Ironie vergesse. Und vor allem erklären die Alpen München.
Die Felsen sind schroff, unglaublich steil, kalt und wolkenverhangen. Sie machen deutlich: wir meinen es ernst, wir sind echte Berge. Und dazwischen schmiegen sich heimelige Dörfchen, die so tun als wären sie völlig harmlos, wobei sich dort wahrscheinlich die echten menschlichen Dramen abspielen.
Und so ist es auch in München: die Stadt am Alpenrand spielt harmlos, ist aber in Wirklichkeit schroff, ernst und raubeinig. Die Münchner verbringen ihre Wochenenden in den Bergen, sie kennen das Drama, den Absturz, ihr Wahrzeichen ist ein dunkelbekutteter Mönch, der sich "Münchner Kindl" nennt. Und all die Dunkelheit wird mit einem lakonischen "Mei" beantwortet. Noch Fragen?

Mittwoch, 11. August 2010

And again...Mulitikulti

Katzen in Bayern

Die bislang nur unzureichend mögliche Idiomforschung wird nun zu einer meiner Hauptbeschäftigungen. Wie es der Integrationsprozess mit sich bringt, entwickle ich eine leichte Vorliebe für bayerische Sprachphänomene von denen eines mich besonders begeistert. Wenn Katze Paula sich richtig ärgert spricht sie nämlich gewissermaßen bayerisch indem sie "chchchch" faucht. Der Bayer als solcher faucht, wenn er Kirchche (mitunter gar Kirchchl), furchchbar oder durchgehen sagt. Dies klingt jedoch weit weniger bedrohlich als Paula F.s "ch" wohl wegen der Verbindung mit weiteren Vokalen und Konsonanten und der Abwesenheit des Kralleneinsatzes.

Gitarrenlehrer H. sagte gestern zudem: des klingt zu brrraf, da machmer mal den Verstärker an. Kann allerdings sein, dass es vor allem der zweite Satzteil war, der mich begeisterte.

Samstag, 7. August 2010

Air


Eine Kollegin war nach einem Jahr auch in der Stimmung, sich dem Dirndl zu stellen und so sind wir am Samstagfastnachmittag in ein einschlägiges Fachgeschäft zur Dirndlprobe bzw. Feldsondierung gegangen. Als ich bereits das erste Kleidungsstück am Leibe trug, wurde uns Prosecco angeboten, den die anderen anwesenden Damen dankbar annahmen (soll ich jetzt ein rrrosa oder ein grrrünes Bandl nehmen oder doch eine Kette?). Ich verkniff es mir, denn die Sache war ernst. Was würde dabei rauskommen, wenn ich betrunken ein Dirndl kaufte und umgekehrt, könnte ich es nüchtern überhaupt. Ja ich konnte. Und man fühlt sich anders in einem Dirndl, nicht schlechter...Die Luft zwischen Teilen meines Körpers und dem Dirndl wird liebevoll kaschiert und alles Andere ist plötzlich in Ordnung...

Montag, 2. August 2010

Sequel

Die Münchenerfahrung bietet kaum regelmäßig Neuerungen, sei es die Unterkomplexität oder meine mangelnde Sehschärfe. Ich empfehle daher, auf den neuen Restaurantblog zu wechseln:
suedkungfu das Sequel zur Kungfubanane.

Sonntag, 1. August 2010

Weisheit beginnt am Kopf

Sascha heißt mein neuer Friseur, arbeitet in einem Gemüseladen und stellt erstmal fest, dass mein einer "Ohrwaschl" ein Betrüger sei, weil er mehr absteht als der andere. Bislang wusste ich noch nicht, dass irgendeines meiner Ohrwaschln absteht, aber man wird stets schlauer. Dann hält er mich dazu an, weniger nachzudenken (beim Föhnen), weniger hinzwingen zu wollen (bei meinen Haaren) und befindet, die meisten Probleme mache man sich selbst. Ich finde, diese Thesen lassen sich auf Einiges übertragen und habe sie fest in mein inneres Album eingetragen.
Ich habe dann noch einige Begriffe gelernt, die jedoch im weitesten Sinne als 'explicit lyrics' gelten können und die ich daher an dieser Stelle verschweige. Servus.

Samstag, 31. Juli 2010

Giesing! Sendling! Haidhausen! München!

Bislang dachte ich, wenn ich auf Konzerten in Berlin war, die Komplimente der Auftretenden seien berlinspezifisch. "Berlin! Seid Ihr da!?" oder Ähnliches wurde gerufen und das Besondere war, dass ich dachte - ach ja, so ist es nur hier. Gestern war ich auf einem kleinen Konzert im Puerto Giesing und es war ja klar: hier wird genauso gerufen "München seid Ihr gut drauf?!". Und ich war gut drauf. Und ich war in München.

...wo wart ihr denn die ganze Zeit?

ich war beim Konzert einer Damenkapelle und vom ersten Moment an dachte ich: hey, hier seid Ihr alle! Es war wie ein Ausflug in ein kleines Berlin, vielleicht ins west germany am Kotti. Unprätenziöse, interessant aussehende Menschen, mitunter mit Iro statt blonden Strähnchen. Die Damenkapelle spielte zum Tanz auf und auch der Punk pogte fröhlich mit und zuckte mit den entblößten Schultern auf denen stand Freiheit oder tot.

Freitag, 30. Juli 2010

Popper II

Ich kann das gerade nicht lassen mit den Analogien, denn wenn man sich den Münchner Flughafen anschaut fällt mir nur eins ein: Popper.



Ich meine, hier fehlen doch nur noch Spandau Ballet, oder?

Zum Vergleich Tempelhof:

Donnerstag, 29. Juli 2010

uuuuuund....

...wie ist München so. Wollen KollegInnen, Bekannte, Verwandte wissen - all diejenigen, die mit mehr oder weniger Anteilnahme die Migration verfolgen. Nie fällt mir etwas wirklich Spektakuläres ein wie, die essen alle den ganzen Tag lebende Schweine. Oder: meist kratzen sie sich unter den Achseln. Die kleinen Beobachtungen, die ich hier beschreibe lassen sich schlecht in handlichen Mittagspausen-Häppchen-abbeißen-socializing-Stücken verpacken. Es läuft dann doch auf ein "gut" gefolgt von heftigem Nicken, hinaus. Daraufhin wird mir vom Gegenüber eine Reihe von Annahmen über Berlin oder München oder Berlin und München offeriert. Ich picke mir dann eine raus, knabbere darauf herum und versuche einen verdaulichen Klumpen daraus zu machen.

Dienstag, 27. Juli 2010

Popper für immer

Über den normativen Kleidungsstil und die mitunter beeindruckenden Investitionen der MünchnerInnen in ihr Äußeres waren schon häufiger Thema dieser Ausführungen. Nicht selten habe ich reflektiert, warum Kleidung hier so wichtig ist und was genau mich eigentlich daran bewegt. Neulich ist mir ein Zusammenhang aufgefallen: warum wird beispielsweise über ItalienerInnen gesagt, sie seien so stilvoll gekleidet, bei MünchnerInnen aber die Nase gerümpft?
München hat, durch was auch immer, eigentlich im Kern den Stil des ewigen Poppers aufrecht erhalten. Polohemd, lachsfarbener Pulli um die Schultern, helle Jeans und College-Slipper. Und an sich ist das, so sehr es erschreckt, einfach konsequent.

Samstag, 24. Juli 2010

Ist ja auch mal was

Die Konzerte, die ich in letzter Zeit gerne gesehen hätte waren: Prince in Berlin, Jamie Lidell in Berlin, Jamie Lidell und Prince in Montreux...wenn ich länger darüber nachdenke, fallen mir sicher noch mehr Bands und KünstlerInnen ein, die sich jedoch nur im Einzelfall mal in die Muffathalle verirren. Hier gibt es stattdessen das:



Aber hey, der Eintritt ist frei! Und um Herrn Koze zu zitieren: wir nehm' auf jeden Fall was zu Saufen mit.

Mittwoch, 21. Juli 2010

by the sea


Ich sprach bereits vom Meer. Hier gibt es die Isar. Wenn man mit MünchnerInnen oder Zugezogenen oder München-KennerInnen spricht, gibt es zwei Sätze, die auf jeden Fall kommen (je nachdem, wie die sonstige Haltung zu dieser Stadt ist, beginnen die Sätze mit "aber..." oder "und...)...die Biergärten...die ISAR! Im Einzelfall kommt noch ein "...der EISbach". Zurück zur Isar: ja, sie ist schön. Ja im Sommer gehen die Menschen darin schwimmen. Meine Kolleginnen gehen gar in der Mittagspause in die ISAR ("da MUSST Du mitkommen, das ist SO SCHÖN!"). Ich erwähnte bereits, dass ich mich gern mit ethnisierenden Unterschieden herausreden würde (ich bin Griechin, Japanerin, was auch immer - wir gehen nie schwimmen) oder Ähnlichem. Lange werde ich das nicht mehr aufrecht erhalten können. Wie kann ich den einheimischen, gesunden, braungebrannten und lebensfrohen Frauen vermitteln, dass ich gern am aber nicht im Wasser bin? Oder wäre auch das Teil der Integration? Bislang habe ich es bis zum Knöchel geschafft, bis zum Knie wäre auch möglich. Aber wenn ich erst einmal in meinem sportiv-tarnenden Adidas-Einteiler da auftauche, werde auch ich mich in die Fluten stürzen müssen.

Sonntag, 18. Juli 2010

München-Multikulti

Nach meiner heutigen Runde zwischen Power3000 und Freihantel hatte ich Lust auf ein frisches Matjesfilet und nutzte die Gelegenheit für einen Besuch auf dem "Hamburger" "Fisch"Markt. Nach einigem Suchen fand ich zwischen Nudel-Uwe, dem Thüringer Holzkohlengrill, "Käse aus Frankreich, sowie einem Stand, der sowohl Kondolenzkarten (In Stiller Trauer) als auch Anti-Rutsch-Matten für die Badewanne verkaufte, auch einen Fischstand. Der führte frittierte Fischnuggets. Ich kam nicht dazu, mich lange zu grämen, denn die Happy Bavarians spielten zum Tanz auf mit Blasmusi. Hey, Integration ist was Du daraus machst! Ich frage mich allerdings, was als nächstes kommt. Wollen sie einen aufblasbaren Fernsehturm aufstellen oder ein Brandenburger Tor und Fellkappen verkaufen?

Samstag, 17. Juli 2010

Dirndophobie

Ich hatte es eigentlich angekündigt, aber ich schaffe es nicht. Ich biege vor jeder Trachtenabteilung ab, Wiesntrachtn und mehr erzeugen bei mir mehr Abwehr als der Zahnarzt. Sprich: Kocherlball fällt für mich aus diesen und anderen Gründen aus.

Dienstag, 13. Juli 2010

Zorbas

"Ich bin Grieche" kommentierte jüngst ein Freund japsend die Münchner Hitze "und ein Grieche sitzt gern im Schatten". Angesichts klimatischer Bedingungen neigt man ja schnell zur Ethnisierung von Unterschieden, so wie bei Huskys, Islandponys oder Kamelen. Bei mir wäre das dann schon schwieriger zu ermitteln, denn obwohl ich bei der derzeitigen Nordflucht vor allem vom Hotelzimmer aus den Blick auf den Hafen genießen darf, ist mir das Küstendasein weit näher als die Alpen. Ich sehe riesige Stenafähren ein- und auslaufen, es ist immernoch hell, der Wind pustet. In München liegt das Meer hinter den Bergen. Vielleicht sollte ich da mal hinfahren.

Sonntag, 11. Juli 2010

Camouflage

Es wird Ernst

gestern fiel mir mit Schrecken auf, dass Schritt I meiner Initiation naht. Der Kocherlball und ich habe noch kein Dirndl. Da es mir ein Anliegen ist, bar Furcht und Verstand jedoch mit sozialwissenschaftlichem Eifer die Münchner Kultur zu erforschen, werde ich nächste Woche ein einschlägiges Fachgeschäft aufsuchen. Denn, so hörte ich, es gäbe keine Frau [sic!] die im Dirndl nicht gut aussähe. Wir werden sehen, ob das auch für mich zutrifft und ich berichte.
Gestern war ich zudem in der Isar. So bis zum Knöchel. Dazu später mehr.

Samstag, 10. Juli 2010

Der ewige Konjunktiv

Es gibt einen Film, "Billy Elliott - I will dance" darin sagt die Großmutter bei jeder Gelegenheit "Ich hätte Ballerina werden können". Sie drückt damit den ewigen Konjunktiv aus. Eine weitere Form dies zu tun ist, dass ich bei jeder Gelegenheit versuche, zu vermitteln, dass ich ei-gent-lich aus Berlin komme. Letzte Woche stand bei zwei offizielle Programmen das erste Mal "Paula, München" da und ich wurde auch so angekündigt. Es fühlt sich immernoch fremd an.
Aber es kann kein Ziel sein, der ewige Konjunktiv zu bleiben: hätte, wäre, würde, - sein.

Für Polly


Jeder Fahrgast mit einer gültigen Fahrkarte darf einen Hund gratis mitnehmen. So ist das hier.

Dienstag, 6. Juli 2010

stay cool

Das Tempo steigt. Ich habe das Gefühl, drei - nein fünf - Baustellen gleichzeitig zu bearbeiten und alle halten sich selbst für wichtig, je nach Perspektive. Dabei weiß ich ja, dass es seine Zeit braucht, anzukommen und gelassen den Herausforderungen des Alltags zu begegnen. Die Bayern machen es da ganz richtig, die setzen sich erst einmal auf den Viktualienmarkt und trinken ein Helles. Mir würde gerade auch schon ein großes Spezi reichen.

Sonntag, 4. Juli 2010

Herr Doktor und sein Maserati

Ich steige in den ICE (Ruhebereich) und neben meinem Sitz erzählt Herr Doktor seinem Handy von seinem Maserati, mit dem er demnächst nach Berlin fahren möchte. Fette Silberhalskette, Hemd und Pilotenbrille. Niemals Selbstzweifel, zumindest denke ich das. Stimmt: Distinktion macht in der zweiten Klasse noch viel mehr Spaß. Als die Klimaanlage ausfällt kauft er uns Cola und gewinnt damit wieder etwas Sympathie, lädt mich zu einem Sommerfest ein und kommt ursprünglich aus München (sic!). Er erzählt glücklich wie ein Kind von seinem alten Maserati ("sieht aus wie ein Fiat"), den er wochenends repariert, vom Gitarrespielen, der Fremde und der Nähe. Ich lache mehr als in den letzten fünf Tagen insgesamt und für einen winzigen Moment bin ich anwesend. Können die MünchnerInnen nett sein, wenn sie auf Reisen sind, wenn sie in der Fremde leben oder bin ich bislang einfach den Falschen begegnet?

Westflucht


Nach einer längeren Reise durch Deutschland (Berlin, Frankfurt, Bielefeld) fällt mir auf, dass man eigentlich überall schlecht gelaunt sein kann. Ein längeres Gespräch mit einer Ex-Münchnerin (deren Augen hell leuchten) erzeugt in mir das Gefühl, ich müsste es nur versuchen, mich hier zu Hause zu fühlen...

wo die Kleinkarierten Männer einkaufen

Sonntag, 13. Juni 2010

Idylle lauert überall

Nachdem ich heute im Diven-Studio meine Abduktoren gestählt habe machte ich einen Spaziergang durchs schöne (!) Haidhausen. Und dann ist es passiert: ich sah ein echt schönes Dirndl (zum Glück ist Sonntag) und ganz ungesteuert gab ich mich den Gedanken hin, ob ich nicht doch im fischgratparkett-gebeizte-biedermeiermöbel-hermes-gürtel-louis-vuitton-tasche-blonde-strähnchen-nirvana glücklich werden könnte "München hat Lebensqualität, man muss eben auch wollen" sagen und nächste woche einen Kombi probefahren sollte. Nachdem ich dann ein paar Straßen weiterschlenderte hatte mich zum glück der Pessimissmus wieder und ich bin sicher: niemals werde ich so. Aber man muss aufpassen, die Idylle lauert überall und ehe ich "Berlin ist aber besser" sagen kann ist mir schon ein "Mei ist das schön" herausgerutscht.

Samstag, 12. Juni 2010

Die Münchner sind so

Dass die WM ein Quell an Integrationschancen sein würde hatte ich bereits vermutet. Schon gestern lernte ich ein Ehepaar kennen, etwa mein Alter. Er kleinkariertes Hemd, sie Businesskleidchen, zunächst war mein Eindruck klar. Wir kamen ins Gespräch und sie waren tatsächlich quasi-gebürtige MünchnerInnen. Viel Interesse galt meinem Urteil über die Stadt, mein Einleben und ich hörte einen Satz, der bei mir ein erst heute erklärbares Befremden auslöste: Ja, es sei schwer, sich einzuleben, denn die Münchner bilden eine geschlossene Gesellschaft. Genau das habe ich von mehreren mehr oder weniger HekunftsmünchnerInnen gehört. Die jedoch selbst zumindest den Gesprächskontakt mit mir aufgenommen haben. Das ist so, als würde ich sagen, jaja, die Deutschen sind fremdenfeindlich. Ich kann mich nicht erinnern, dass BerlinerInnen das gesagt hätten. In Berlin habe ich gehört, die Stadt sei rau, schnell, kalt...München hat, so sagt man hier, Lebensqualität, aber das Einleben sei schwer, weil die dort lebenden Personen nicht gern neue Menschen aufnehmen. Irgendwie sehe ich da einen Widerspruch.

Donnerstag, 10. Juni 2010

Happiness is something you can not buy in a bottle

Jüngst erneut mit einem Sozialkontakt im Biergarten (wie gesagt, auch zugewandert) klagte ich mein Leid (das ist das Gute, unter Zugewanderten kann man wenigstens ordentlich jammern). Nachdem wir gemeinsam den Zustand der Erwerbsarbeit als solchen, denselben in der Fremde, das Heimweh, die Liebe allgemein und im Besonderen und auch andere Themen beleuchteten, schloss der Sozialkontakt: wenigstens ist nicht unsere Sorge, wo wir das Rosenthal-Service hinstellen sollen. Da hat er wohl Recht.

Paula möchte aus dem Brezenparadies abgeholt werden

Gestern Abend ist mir klar geworden, dass ich hier nicht glücklich sein kann. Ich war in einem Café, das einem netten Laden im Gräfekiez entsprechen würde. Neben mir zwei blonde Frauen, die jede Person, die vorbeiging, taxierten. Hinter mir eine betrunkene Frau, die ihr zufällig dort sitzendes Gegenüber über Urlaub auf einer Inselgruppe informierte, die sich wie eine unangenehme Krankheit anhörte...Sonst: Akademikerfamilien "nein Josie, lass das". Ich will nach Hause. Die einzigen, die mir sympathisch waren, waren ein Pärchen, die intensiv flirteten. Die haben sich wenigstens amüsiert.

Samstag, 5. Juni 2010

Mehr Drama

Neben dem geringen Hang zum Klagen scheint mir München doch einen solchen zum Drama zu haben. Wenn es hier regnet, dann wochenlang. Wenn die Isar Hochwasser hat, dann ist das nicht so ein blasses Schwappen wie die Spree. Hier ist richtig was los. Die Isar gleicht einem reißenden Strom, dicke Wellen schlagen ans Ufer, die Menschen (so dachte ich) sammeln sich auf den Brücken, um das Wasser zu beobachten.
Aber sie haben dann doch eher die Surfer bewundert, die derzeit nicht nur am Eisbach zugange sind.

Donnerstag, 3. Juni 2010

Feierwut


Hallo Ihr da draußen im Nicht-Freistaat. Arbeitet ihr hart? Ja? Wir nicht. In München feiert man die Feste, wie sie fallen und darum ist heute Feiertag. Toll. Wirklich toll. Ich sitze hier, mit meinem Partyhut auf dem Kopf und weiß nicht wo hin mit meiner guten Stimmung. Vor allem, weil ich seit ungefähr Dienstag weiß, dass heute Feiertag ist und alle anderen, die sich hier schon integriert haben, natürlich einen Brückentag genommen haben. Ich nicht. Deshalb ist morgen wieder Schluss mit lustig und ich kann nicht für vier Tage nach Berlin fahren. Naja, dann schmeiße ich noch ein bisschen mit Konfetti um mich, da kommt man ja sonst nie zu. Olé.

Sonntag, 30. Mai 2010

Exkurs: Nordflucht - P.A.

Ich muss meine bisherigen, ungeäußerten Einstellungen revidieren, wir haben doch ein Generationenproblem. Jüngst auf dem Weg zum Regionalexpress Kiel-Hamburg traf ich auf eine große Gruppe soeben erholt von ihrer Karibik-Kreuzfahrt angekommenen KreuzfahrerInnen Ü60. Mit dem Rucksack an einer leeren Bank innehaltend, um kurz an den Inhalt der Tasche zu gelangen, biss es von rechts: "hier ist besetzt!" Blaue Augen blitzten mich aus sonnengegerbter Haut an, jederzeit bereit, unter Einsatz des Trolleys die gesamte Metallgitterbank zu verteidigen.
Im Zug weitere aktive und passive Aggressionsattacken. "Wer hier seine Tasche auf dem Sitz hat, hat wohl auch dafür bezahlt? Haben die dafür bezahlt, Klaus-Peter? Klaus-Peter? Die haben wohl dafür bezahlt" ( sich entfernend wiederholt der Hinweis auf die Tasche auf dem Sitz).

Weiter ging es in Hamburg: Annemarie bleibt auf der Treppe stehen, hält sich am Geländer fest, den Trolley fest neben sich, nebst Uwe, Edeltraut und Gertrud auf der gesamten Treppe. "Müssen wir jetz - jetz hier? Sachma - müssen wir - aber da kommt zuerst der Zuch nach Münster?" Ausweichversuche scheitern. Schüchtern wage ich ein: Entschuldigen Sie bitte, würden Sie mich vieleicht vorbeilassen?" "Ach, müssen Sie nach Münster?!" Strenges Blitzen, in Zweifel würde die Treppe durch eine Diskussionsgruppe blockiert werden.

Mir stellt sich im Anschluss die Frage, was eigentlich auf diesen Kreuzfahrten gemacht wird. Wird ein Aggressionstraining durchgeführt? "Passive Aggression in Alltag" für Einsteiger und Fortgeschrittene.

Freitag, 28. Mai 2010

Super-München

München ist die Stadt der Superlative. Das fällt mir immer wieder auf, zuletzt heute morgen, als ich ein Plakat mit der Aufschrift sah: Würdige Gestecke zu reellen Preisen. Ich war ehrlich beeindruckt. Was hätte man schreiben sollen: schön geht für den Anlass nicht (es ging um Trauergestecke), hübsch, fesch, alles zu freudig - traurig, hässlich, stumpf...nein da passt nur: würdig. Und umgekehrt passt würdig nirgendwo sonst: mein Freund hat mir einen würdigen Rosenstrauß geschenkt. Und billig, nein billig soll es auf keinen Fall sein. Aber eigentlich schweife ich ab, denn ich habe gestern die Inititation durchlebt: ich war bei Dallmayer. Genau. Das gelb leuchtende Stammhaus. Und vorab: es sieht innen nicht aus wie in der Werbung. Es sieht besser aus. Ich könnte in diesem Laden mein komplettes Monatsgehalt lassen, was sich ungünstig auf den Jeansrock auswirken würde. Alles ist absurd teuer, deshalb wäre es wohl doch nicht so schlimm. Aber auch für die - jüngst von der Zeit so bezeichneten - konsumfreudige Unterschicht (sic!) ist gesorgt. Sie kauft dann statt der Pralinenschachtel für 20 Euro einfach die Schachtel in der nur ein Trüffel ist - für fünf Euro. Doch zurück zum Superlativ: Alles ist schöner, sauberer, neuer, besser, teurer in München als anderswo. Falls sich das jetzt verwirrt liest, dann liegt das am Schokoladenladenrausch.

Mittwoch, 26. Mai 2010

Die denken an nix Anderes

"Guten Abend. Kommen noch mehr?" "Nein, ich bin allein" "Darf ich Sie dann bitten, sich an einen kleineren Tisch zu setzen?" - Dieser kurze Wortwechsel mit der Kellnerin meiner Noch-nicht-Stammkneipe führte dazu, dass ich neben einer Version von Rose der Golden Girls (nur 30 Jahre jünger) und ihrer Tochter saß. Neue Einblicke in das Verhältnis von Frauen und Männern in Bayern folgten:

Mutter: "Die denken an nix anderes! Können sie gar net"
Tochter: seufzt.
Mutter: "War bei deim Vater auch so. Den Rock hochgeschlang, den Slip zur Seite geschobn und los gings"
Tochter: seufzt.
Mutter: "Kann ich Dir nur raten. Wenn der Thomas eine junge Sekretärin bekommen sollte, sorgst Du dafür, dass er eine Ältere bekommt."
Tochter (zur Kellnerin): "Können wir zahlen?!"

Tiefes Verständnis machte sich in mir breit.

Nach dem letzten Schluck Weißbier eröffnete die Tochter:
"Man sollt einfach erkennen, dass es un-er-läss-lich ist, regelmäßig Sex zu machen. Auch wenn a Kind da ist. Dös ist ja hormonell dann schwierig, auch wegen der Geburt, aber es ist unerlässlich"
Mutter: "Wie unermesslich?"
Tochter: "Na wegen den Hormonen bei der Geburt. Da ist man nur aufs Kind fixiert"
Mutter: "Des war bei mir nie so"
Tochter: "Ich war ja auch ein Kaiserschnitt"
Das Gespräch setzte sich bis zum Aufbruch über anatomische Veränderungen nach einer Geburt fort. Ich lerne täglich dazu.

Dienstag, 25. Mai 2010

safe home

Ein Lied von Anthrax heißt so "you have always been my safe home". Entsprechend pathetisch, mit verzerrten Gitarrenriffs und innerlich headbangend kam ich am Wochenende in Berlin an. Nur um zu merken, dass es so ist wie immer. Eigentlich kenne ich keinen, auf der Straße sehe ich bekannte Gesichter, weil alle die gleiche aschbraune Ponyfrisur tragen (versus, aufmerksame LeserInnen erinnern sich: blonde Strähnchen an der Isar) - und in Wirklichkeit bedeutet der Sozialkontakt in Berlin wie überall: telefonieren, verabreden, verschieben. Der erwartete rote Teppich mit Empfangskommittee stand auch nicht in Tegel bereit. So verbrachte ich aber wenigstens ein paar Tage ohne Konjunktiv. Das war gut. Den Rückflug verbrachte ich standesgemäß neben einem Herz- und Gefäßchirurgen.

Ich schreibe jetzt nicht, wie das Anthrax Lied weitergeht, zuviel Pathos lässt den Server abstürzen, fürchte ich.

Freitag, 21. Mai 2010

Schluckauf, Tiefsee, Liebe

gestern war ich in einem Café mit kollegialem Anschluss und stelle fest, dass ich mich für Minuten fast zu Hause fühlen kann. Der kollegiale Anschluss und ich, beide frisch migriert, verglichen unsere Migrationserfahrungen und unser Befinden vor Ort und allein das problemzentrierte Teilen erleichterte das Dasein. Wir identifizierten dann noch die am wenigsten erforschte Gebiete der deutschen Wissenschaftslandschaft: Schluckauf, Tiefsee und Liebe. Erleichtert wurde das Dasein dadurch, dass in besagtem Café mehrere Personen allein (!) saßen, ohne betreten zu Boden zu blicken oder Tracht zu tragen. Integration - ich nähere mich Dir.

Donnerstag, 20. Mai 2010

Wir gehen dann mal.

Gestern war ich auf dem Konzert einer Cover-Rock-Band. Als Feldstudie zum Gitarrelernen. Was ich stattdessen lernte, war, dass selbst auf Konzerten nur Paare sind. Und dann sagte der Sänger: wir sind die einzige Band, die ihre Groupies schon vorher geheiratet hat.

Anwesende Frauen johlten (alle verheiratet), die Eltern und Kinder der Bandmitglieder auch. Und die Freundinnen und Freunde, alles Paare, freuten sich und zogen ihre gleichfarbigen Windjacken von Jack Wolfskin aus, um mal so richtig zu rocken.

Dark Munich again - Warum es in München keine Hundehaufen auf der Straße gibt...


...weil drohende Mahnmale, dessen, was mit Hunden geschieht, die ihre Haufen nicht korrekt absetzen.

Ökumenischer Kirchentag oder: treffen sich 100.000 Christen


Kommentarlose Impressionen. Ich mittenmang. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass der ein oder andere Besucher Thermokissen dabei hatte. Zunächst habe ich das noch milde belächelt. Zunächst.

Donnerstag, 13. Mai 2010

Herr Rossi

Gestern sprach ein Bekannter von einem "kleinen Leben". Den Begriff habe ich noch nie gehört. Das kleine Stück Leben, das am Ende des Arbeitstages mit Rekreation ausgefüllt wird und dem was da sonst so ist. Irgendwie erinnert mich das an Signor Rossi, der ein kleines Stück vom Glück sucht. Wo ist das Stück und kann ich dieses Stück Leben wirklich vom Stück Leben zwischen 8 und 18 Uhr abgrenzen?

Mittwoch, 12. Mai 2010

Ballettöse Mülltonnen

Als ich heute morgen ganz selbstverständlich (und wie zukünftig jeden Morgen) zum Laufen an die Isar aufbrach (was nichts mit nahenden Turnieren und zu engen Jeansröcken zu tun hat, ich mach das für mein Wohlbefinden), fiel mir ein Mann auf, der in leuchtend oranger Kleidung neben unserer Toreinfahrt lehnte. Ein oranges Auto nahte heran und ich bekam ein Gefühl von Heimat. An was erinnerte mich das? Richtig, an die gemäß maskulinem Imponiergehabe herumbrüllenden Müllwerker in Neukölln. Die Tonnen wurden in Neukölln etwa dreimal pro Woche morgens gegen sechs abgeholt und das Ziel war offenbar, soviel Lärm pro Tonne wie möglich zu erzeugen. Hier ist das anders: Balletttänzern gleich bugsieren die Herren in orange die Tonnen an Fahrrädern und Toreinfahrten vorbei. Ich hab hier noch nie etwas gehört. Und gebrüllt wird auch nicht. Ein bisschen fehlt mir was.

Donnerstag, 6. Mai 2010

fade to grey

Seit gefühlt drei Wochen, auf jeden Fall aber diese Woche ist es grau in München. Mindestens ein November-Berlin-Neukölln-grau. Dem folgt a) dass ich mich nicht schlecht fühlen muss, wenn ich nicht rausgehe, denn das würde auch keinE MünchnerIn tun. Dennoch habe ich mir das b) hier ein bisschen anders vorgestellt: den Mai im Biergarten verbringen, wo es noch kaum Wespen gibt, fesche helle Kleidung tragen, mich sozial integrieren. Stattdessen ist es grau innen wie außen. Wenigstens habe ich jetzt meine Gitarre und kann ein A-Moll spielen. Morgen geht es nach Berlin. Endlich.

Montag, 3. Mai 2010

Entschuldigen Sie bitte, wo geht es hier zum rocken?


Angesichts meiner neuen Bekanntschaft mit einer (jetzt weiß ichs) Ibanez-Gitarre habe ich natürlich sofort eine E-Gitarrenstunde genommen, die bei einem gewissen Christian H. stattfinden sollte. Der bislang weiteste Weg führte mich nach München Neuhausen, das original wie Frankfurt Eschersheim aussah. Hier sollte ich rocken lernen? Vor eine 50-er Jahre Mehrfamilienhaus klingelte ich dann bei Herrn H. Der hatte tatsächlich zwei Gitarren, konnte ein A von einem D unterscheiden und mir beides didaktisch vermitteln. Dass ich die Stunde dennoch lieber in 36 in einem Schrammelprobenkeller des Rauch-Hauses genommen hätte versteht sich von selbst.

Meisterland

Der FC Bayern München ist erneut deutscher Meister geworden. Hertha BSC ist abgestiegen. Das heißt: der Konflikt zwischen den Regionen hat sich nun von der intrapersonalen Ebene auf die - ja - wie kann ich das sagen - auf die vereinsbezogene Ebene verlagert. Bayern, das Meisterland, mit schönem Wetter, Lebensqualität und vielen Jobs, München, die Stadt in der frau nicht ohne Lippenstift aus dem Haus geht gegenüber Berlin.

Die Frage, die sich anschließt ist ja, kann ich mich mit soviel Meisterei identifizieren? Kann ich sagen: wir sind Meister? Das klingt wie "wir sind Papst" und das will heute ja keiner mehr so richtig sein. Und kann so viel Leistungsdruck gesund sein? Wir haben die Alpen, die Dirndl, die Brezn und jetzt auch noch die Meisterschale...

Sonntag, 25. April 2010

Annäherung

ich habe jemanden kennen gelernt. Genau genommen eine sie. Sie heißt Fender mit Nachnamen, glaub ich, aber so spießig wollte ich dann nicht sein beim ersten Mal. Jedenfalls hatte wir zwei Stunden richtig Spaß miteinander und ich will jetzt von der Playstation "Guitar Hero" zum echten Rocken umsteigen. A-D-E!

Samstag, 24. April 2010

Dark Munich IV

Ich wollte zum Tanztraining, das fand hier statt:

Wer denkt da nicht sofort an: als letzte ins Team gewählt werden, am Bock hängen bleiben, die Flugrolle versemmeln. Oder an Buffy the Vampireslayer.

I am not Carrie


Es gibt diese Doppelfolge von Sex and the City: Carrie geht mit fliegenden Fahnen nach Paris, um mit ihrem Künstlerfreund ein neues Leben zu beginnen. Dort angekommen fühlt sie sich einsam und wandelt 45 Minuten lang sehr dekorativ auf 8cm-High-Heels und mit Kleidergröße 34 durch Paris. Sie isst Torte und raucht und trinkt mittags Wein. Die Arme. Wie dem auch sei, im zweiten Teil der Folge sind ihre Freundinnen aus New York sehr besorgt und schicken ihren Ex-Liebhaber "Mr Big" nach Paris mit den Worten "get our girl home".
Ich bin nicht wegen meines Künstlerfreundes sondern trotzdem nach München gegangen. Ich nehme vom Torteessen zu, und wenn ich durch München laufe und mich einsam fühle trage ich Nikes. Wenn meine Freundinnen aus Berlin mir irgendeinen Ex-Lover auf den Hals schicken würden, der mich abholen soll, wären sie nicht mehr lange meine Freundinnen und dem Ex-Freund würde ich was erzählen (am Besten dem, der mir heute eine an seine neue Liebe adressierte SMS geschickt hat). All das scheint Folge der Emanzipation zu sein. Oder der Tatsache, dass ich im Alltag keine 8-cm-Absätze trage. Zum Trotz gehe ich aufs Ladyfest. Da kann man heute rocken lernen. Ich finde, das ist die gelungene Alternative zu der Sache mit den 8-cm-Absätzen und dem Ex-Freund.

Donnerstag, 22. April 2010

Eine Woche ohne Leberkäsesemmel...

ist wie eine Woche ohne Bayern. Die Arbeit hat mich diese Woche so in Beschlag genommen, dass ich nur die Einchhörnchen (Oachkatzerl) vor dem Fenster als Wahrzeichen der bayerischen Landeshauptstadt wahrgenommen habe. Die sind hier dicker als in Berlin, dunkelhaariger und agiler. Wenn ich an die zerrupften Eichhörnchen in der Hasenheide denke, die bibbernd auf dem Dach der VW-Garage saßen und die Dealer mit Nußschalen beworfen haben sind die hiesigen pumperlgesund mit glänzendem Fell und guter Laune. Kein Zynismus weit und breit.

Montag, 19. April 2010

Jamie Lidell...

war heute in meinem Briefkasten. Vom Plattenladen meines Vertrauens aus Berlin. Heimweh!

kleinkarierte Männer

Am Wochenende habe ich mich in die Tiefen des Münchner 'Nightlife' gewagt, so das die Tiefe war. Eine Feier in einem Blumegroßmarkt, in dem vielleicht 500 Männer und Frauen zu elektrischer Musik wippten, hüpften und - ja - sangen. Man könnte sagen, dass sich eine gewisse Ambivalenz abzeichnete zwischen einem recht homogenen Stil der äußeren Erscheinung (langes glattes Haar, gemustert schulterfreie Tunika und Handydisplaybeleuchtung auf dem Gesicht für die Damen, kleinkarierte Hemden und Haargelstoppeln für die Herren) und einer Enthemmung in der Darstellung von Lebensfreude und Extraversion.

Sprich: ungeschminkt oder ohne Haargel würde niemand auf eine solche Feier gehen, "fly like a rainbow so high" war sich aber niemand zu schade mitzusingen...Ich beobachte das weiter.

Samstag, 17. April 2010

Mutti Plus


So, Ihr Prachtmuttis vom Prenzlauer Berg, jetzt zieht Euch mal warm an. Was man hier (wenn auch verschwommen) sieht, ist ein Kinderwagen von Fendi. Gesehen im Oberpollinger. Das ist hier der Benchmark.